Familie Grundgeir und ihr Hang zum alten Eisen
Hausbesuche: Die Familie aus Nordendorf sammelt antike Geräte, mit denen sie ihren Acker bewirtschaften. In ihrem Stadel beherbergen sie 26 ausgediente Maschinen.
Woher genau ihr Hang zum Alten rührt, wissen Renate und Normen Grundgeir gar nicht mehr so genau. Es liegt wohl irgendwie in der Familie. Schon die Großmutter hat alte Küchengeräte gesammelt: ein altes Butterfass, ein alter Ofen, ein Sauerkrautfass. Lässt man den Blick durch die gemütliche Wohnstube des Paares streifen, finden sich mehrere dieser Erbstücke in kunstvoll verzierten Anrichten wieder.
Renate und Normen Grundgeir führen die Leidenschaft weiter, das Paar sammelt alte landwirtschaftliche Geräte. Mehr noch: Sie arbeiten damit. Wie in alten Zeiten bestellen sie eine kleine Ackerfläche.
Ein Unkrautstriegel und ein Stiftendrescher
Die Familie lebt mit ihren beiden Söhnen Jakob, 16, und Ferdinand, zwölf, auf einem großzügigen Anwesen in Nordendorf. Das hübsche und gepflegte Gebäude lässt auf den ersten Blick nichts von ihrem Hobby vermuten. In ihrem Stadel beherbergt die Familie 26 ausgediente Maschinen aus der Landwirtschaft. Unter anderem stehen dort eine Sämaschine, ein Gabelheuwender, ein Unkrautstriegel und ein Stiftendrescher.
Mit den Geräten, die auch in einem Bauernmuseum stehen könnten, bewirtschaftet die Familie mehrmals im Jahr zwei kleine Äcker. Einer davon befindet sich nicht weit von ihrem Grundstück entfernt hinter der Grundschule in Nordendorf. Auf rund 2000 Quadratmeter pflanzt die Familie seit vier Jahren Kartoffeln an, heuer wächst dort zum ersten Mal Getreide.
Der Sohn hat einen eigenen Oldtimer-Traktor
Das zweite Feld liegt in Westendorf. Ihren 1000 Quadratmeter großen Bauplatz nutzen die Grundgeirs, um Heu für die Hühner zu machen. „Wie ein großer Garten“, sagt Renate Grundgeir und muss etwas schmunzeln. In ihrem „Garten“ darf sich auch der jüngste Sohn austoben. Mit einem grünen Gabelheuwender, der früher von einem Pferdefuhrwerk gezogen wurde, fährt Ferdinand über die Wiese und wirbelt das Heu auf. Sein älterer Bruder Jakob hat mit 16 Jahren sogar schon einen eigenen 40-PS-starken Traktor. Ein Oldtimer natürlich, 40 Jahre ist das Modell alt.
Die Begeisterung haben die Eltern offensichtlich an die nächste Generation weitergegeben. „Früher haben die Jungs sich gestritten, wer mitfahren durfte“, sagt Normen Grundgeir. „Als sie noch klein waren, sind sie im Kindersitz mitgefahren“, erinnert sich der Vater zurück. „Das war die beste Einschlafhilfe.“ Das ist lange her. Heute müssen die Söhne richtig anpacken, wenn die Eltern zu ernten beginnen. Mit dem Faible ihrer Eltern aufgewachsen, sind die beiden Buben schon „richtig eingespielt“. Ohne ihre Hilfe würde das Paar die Feldarbeit nicht schaffen.
Brot backt die 41-Jährige selber
Ihre Kinder dürfen aber den Spaß an der Feldarbeit nicht verlieren, das ist dem Ehepaar wichtig. Renate Grundgeir möchte ihren Söhnen vielmehr ein Bewusstsein für Lebensmittel vermitteln. „Sie sollen wissen, woher unser Essen kommt“, sagt sie. Das Brot backt die 41-Jährige deswegen selber. Alle zwei Wochen entstehen acht Laibe – angefertigt in ihrem Holzofen. Das Getreide dafür stammt vom eigenen Feld.
Geerntet haben sie es zum ersten Mal vor zwei Wochen hinter der Schule. Mit einem Messerbalken, der am Traktor befestigt ist, ging es über das Feld. Wenige Zentimer über dem Boden haben die Brüder mit der Maschine die Halme abgeschnitten und anschließend zu Bündeln, zu sogenannten Garben, gebunden. Sobald das Getreide trocken war, haben sie mit einer Windfege die Spreu vom Getreide getrennt. Stolz zeigt Renate Grundgeir auf ihrem Smartphone ein Video, das die gesamte Familie an dem Gerät zeigt. Sohn Ferdinand dreht an einer Kurbel, das die hölzerne Maschine in Bewegung bringt und das Getreide reinigt. Wild wirbeln die kleinen Körner durch die Luft. „Ab und zu hilft auch der Schwiegervater oder unsere Neffen, das ist eine Familienaktion“, erzählt Renate Grundgeir, während sie auf ihrem Handy nach weiteren Bildern sucht.
Mit einer Kartoffellegemaschine hat alles angefangen
Doch woher stammen eigentlich die Geräteschaften? Angefangen hat ihre Leidenschaft mit einer Kartoffellegemaschine, die ihnen ein Nachbar vor 16 Jahren geschenkt hatte. „Als er seinen Betrieb aufgegeben hatte, durften wir uns die Maschine anfangs ausleihen“, erinnert sich Normen Grundgeir. „Irgendwann hat er sie uns geschenkt.“
Ab dem Zeitpunkt hat ihre Sammelleidenschaft ihren Lauf genommen. Kollegen, Freunde und Bekannte haben dem Paar über die Jahre hinweg Maschinen geschenkt oder zu einem sehr günstigen Preis verkauft. „Zwischen 50 und 120 Euro zahlen wir für den Schrottpreis“, sagt Normen Grundgeir und ein Lächeln huscht über sein Gesicht. Sozusagen eine Win-Win-Situation für beide Seiten. Die Bauern seien schließlich froh, wenn sie ihre ausgedienten Geräte weiterverkaufen können, ergänzt er.
„Jedes Gerät hat seine Geschichte“
Die notwendigen Reparaturarbeiten erledigt der 42-Jährige als gelernter Mechaniker alleine. Auch im Internet sucht das Paar nach geeigneten Maschinen und ist bereits mehrmals fündig geworden. „Wir sind einmal sogar bis zum Elsass gefahren, um den Gabelheuwender zu kaufen.“ 100 Jahre ist das Modell alt. Ein anderes Mal führt sie ihre Leidenschaft in die Nähe von Wien. Nur in Österreich gab es dieses eine Modell in der geeigneten Größe. „Jedes Gerät hat seine Geschichte“, resümiert Renate Grundgeir.
Die Familie ist inzwischen auch über die Ortsgrenze hinaus bekannt. „Meine Schüler finden das witzig“, erzählt die Nordendorferin, die an der Mittelschule in Meitingen unterrichtet. „Sie sagen immer, Frau Grundgeir kann ja richtig anpacken.“ Auch ihr Mann, der durch sein Engagement bei der Freiwilligen Feuerwehr in der Gemeinde gut vernetzt ist, kann schon manch nette Annekdote erzählen: „Ich wurde einmal gefragt, ob ich einen Garten mit unseren Maschinen lockern könnte“. Die alten Geräte seien klein genug, um dort wendig eingesetzt zu werden.
Der Hang zum Alten zieht sich bei den Grundgeirs durch ihr Leben. Ihren Urlaub verbringt die Familie am liebsten im Allgäu. „Dort wird wegen der Hanglage noch mit alten Geräten gearbeitet“, erklärt Normen Grundgeir. Für einen aus der Familie geht es aber erst einmal in die moderne Wirtschaft: Sohn Jakob hat diese Woche in München seine Ausbildung als Fachinformatiker bei einem großen Autohersteller begonnen. Am Wochenende wolle er aber immer nach Hause kommen, sagt Mutter Renate Grundgeir. Nach Hause zu dem Altbekannten. Und zu seinem 40-PS-Traktor.
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